(Aschaffenburg 1880–1938 Frauenkirch bei Davos) „Hirt u Kalb“ – Hirte und Kalb auf der Stafelalp, 1918, Aquarell, blaue Kreide auf bräunlichem Papier, von fremder Hand beschriftet „Hirt u Kalb“, 44,5 x 59,5 cm – auf der Rückseite ein stehender Akt, schwarze Kreide auf Papier, 1914, mit dem Nachlassstempel, mit Tusche EIN Da/Bl 11 und mit Bleistift K3803 sowie C3502 nummeriert, gerahmt Das Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv Wichtrach/Bern registriert. Provenienz: Nachlass des Künstlers 1938-1980 Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern (1980) Galerie Schwarzer, Düsseldorf (2000) – dort vom Vorbesitzer erworben Privatsammlung, Deutschland Ausgestellt: Campione d’Italia, Roman Norbert Ketterer & Galerie Henze, Ernst Ludwig Kirchner “Zum 100. Geburtstag”, 1980 Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern, Ernst Ludwig Kirchner “Zum 120. Geburtstag”, 2000 Galerie Schwarzer Düsseldorf, Art Cologne 2000 „Kirchners Zeichnungen sind vielleicht das Reinste und Schönste seiner Arbeit.“ Ernst Ludwig Kirchner unter dem Pseudonym Louis de Marsalle, Zeichnungen E. L. Kirchner in: Genius II, München 1920, S. 216-224 Die Zeichnungen Ernst Ludwig Kirchners sind der eigentliche Mittelpunkt seines Schaffens, aus dem sich die Malerei und die Druckgraphik unbedingt ableiten. „Kirchners Zeichnungen sind vielleicht das Reinste, Schönste seiner Arbeit. Sie sind unbewußt und absichtslos, ein Spiegel der Empfindungen eines Menschen unserer Zeit. Daneben enthalten sie die Formensprache seiner Grafik, seiner Bilder denen der andere Teil seiner Arbeit angehört, in denen ein bewußter Wille schafft. Die lebendige Kraft dieses Willens aber kommt durch das Zeichnen.“ 1 In seinem Skizzenbuch, das Kirchner stets bei sich trug, hielt er seine Eindrücke fest, Gedanken im Atelier, Figuren auf der Straße oder Szenen in der Natur. „Ich muß zeichnen bis zur Raserei, nur Zeichnen, dann nach einiger Zeit nur das Gute aussuchen. Die Technik ist zu schön.“ 2 Mit Hilfe der Zeichnung kann Kirchner den optischen Eindruck unmittelbar festhalten und spontan erfassen. Seinem Wunsch nach einer stetigen Veränderung der Kunst und nach einer gesteigerten Subjektivität in der Kunst wurde er mit dem schnellen Erfassen von Formen und einer neuen Auffassung von Inhalten gerecht. Seine Kunst erreicht in den Jahren 1913-14 einen ersten Höhepunkt: „Es ist eine ungeheure Steigerung zu beobachten, eine Conzentrierung auf ganz spezifische nur mir eigene Formung und Farbe.“ Er reduziert das objektive Sehen und steigert sein subjektives Sehen, was zur Folge hat, dass die mit Reizen überflutete Außenwelt zu seiner eigenen Projektion des Inneren wird. Es zeigt sich in der Radikalisierung der Form und der Intensivierung des Ausdrucks, die abgekürzten Formen erscheinen eruptiv und explosiv und das Dargestellte ist ein von der Wirklichkeit abgeleitetes Formengebilde – Kirchner selbst verwendet im Zusammenhang mit seinen Zeichnungen den Begriff der Hieroglyphe. Auf dem Doppelblatt mit weiblichem Akt vor einer Figur stehend von 1914 und den Hirten auf der Stafelalp, von 1918 treffen die beiden Lebenswelten Kirchners unmittelbar aufeinander – die Großstadt und die Natur. Seine jahrelange Gewohnheit alles zeichnerisch auf Papier zu bringen hat ihn fähig gemacht, alles was vor seinem physischen und geistigen Auge erscheint in Formen und Linien wiederzugeben. Mit seinen Arbeiten, wie dem rückseitigen Akt von 1914, füllt Kirchner das gesamte Blatt aus, jedoch sind es dann nicht nur die sichtbaren Linien und Formen die das Bild ausmachen, sondern auch die unbezeichneten Teile, die zum Verständnis des Werkes beitragen. „In Kirchners Grafik begegnen uns schon 1914 Gesichter, in denen bei Enfaceansicht die Nasen im Profil eingeschrieben sind, ebenso das Auge, um dadurch das Porträt genauer zu fixieren, und der Beschauer merkt es erst, wenn er darauf gestoßen wird, so sehr ist die Harmonie der Linien gewahrt. Solche Formen kann nur der Künstler wagen, der die Formen der Natur völlig beherrscht.“ 3 Die Szene
(Aschaffenburg 1880–1938 Frauenkirch bei Davos) „Hirt u Kalb“ – Hirte und Kalb auf der Stafelalp, 1918, Aquarell, blaue Kreide auf bräunlichem Papier, von fremder Hand beschriftet „Hirt u Kalb“, 44,5 x 59,5 cm – auf der Rückseite ein stehender Akt, schwarze Kreide auf Papier, 1914, mit dem Nachlassstempel, mit Tusche EIN Da/Bl 11 und mit Bleistift K3803 sowie C3502 nummeriert, gerahmt Das Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv Wichtrach/Bern registriert. Provenienz: Nachlass des Künstlers 1938-1980 Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern (1980) Galerie Schwarzer, Düsseldorf (2000) – dort vom Vorbesitzer erworben Privatsammlung, Deutschland Ausgestellt: Campione d’Italia, Roman Norbert Ketterer & Galerie Henze, Ernst Ludwig Kirchner “Zum 100. Geburtstag”, 1980 Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern, Ernst Ludwig Kirchner “Zum 120. Geburtstag”, 2000 Galerie Schwarzer Düsseldorf, Art Cologne 2000 „Kirchners Zeichnungen sind vielleicht das Reinste und Schönste seiner Arbeit.“ Ernst Ludwig Kirchner unter dem Pseudonym Louis de Marsalle, Zeichnungen E. L. Kirchner in: Genius II, München 1920, S. 216-224 Die Zeichnungen Ernst Ludwig Kirchners sind der eigentliche Mittelpunkt seines Schaffens, aus dem sich die Malerei und die Druckgraphik unbedingt ableiten. „Kirchners Zeichnungen sind vielleicht das Reinste, Schönste seiner Arbeit. Sie sind unbewußt und absichtslos, ein Spiegel der Empfindungen eines Menschen unserer Zeit. Daneben enthalten sie die Formensprache seiner Grafik, seiner Bilder denen der andere Teil seiner Arbeit angehört, in denen ein bewußter Wille schafft. Die lebendige Kraft dieses Willens aber kommt durch das Zeichnen.“ 1 In seinem Skizzenbuch, das Kirchner stets bei sich trug, hielt er seine Eindrücke fest, Gedanken im Atelier, Figuren auf der Straße oder Szenen in der Natur. „Ich muß zeichnen bis zur Raserei, nur Zeichnen, dann nach einiger Zeit nur das Gute aussuchen. Die Technik ist zu schön.“ 2 Mit Hilfe der Zeichnung kann Kirchner den optischen Eindruck unmittelbar festhalten und spontan erfassen. Seinem Wunsch nach einer stetigen Veränderung der Kunst und nach einer gesteigerten Subjektivität in der Kunst wurde er mit dem schnellen Erfassen von Formen und einer neuen Auffassung von Inhalten gerecht. Seine Kunst erreicht in den Jahren 1913-14 einen ersten Höhepunkt: „Es ist eine ungeheure Steigerung zu beobachten, eine Conzentrierung auf ganz spezifische nur mir eigene Formung und Farbe.“ Er reduziert das objektive Sehen und steigert sein subjektives Sehen, was zur Folge hat, dass die mit Reizen überflutete Außenwelt zu seiner eigenen Projektion des Inneren wird. Es zeigt sich in der Radikalisierung der Form und der Intensivierung des Ausdrucks, die abgekürzten Formen erscheinen eruptiv und explosiv und das Dargestellte ist ein von der Wirklichkeit abgeleitetes Formengebilde – Kirchner selbst verwendet im Zusammenhang mit seinen Zeichnungen den Begriff der Hieroglyphe. Auf dem Doppelblatt mit weiblichem Akt vor einer Figur stehend von 1914 und den Hirten auf der Stafelalp, von 1918 treffen die beiden Lebenswelten Kirchners unmittelbar aufeinander – die Großstadt und die Natur. Seine jahrelange Gewohnheit alles zeichnerisch auf Papier zu bringen hat ihn fähig gemacht, alles was vor seinem physischen und geistigen Auge erscheint in Formen und Linien wiederzugeben. Mit seinen Arbeiten, wie dem rückseitigen Akt von 1914, füllt Kirchner das gesamte Blatt aus, jedoch sind es dann nicht nur die sichtbaren Linien und Formen die das Bild ausmachen, sondern auch die unbezeichneten Teile, die zum Verständnis des Werkes beitragen. „In Kirchners Grafik begegnen uns schon 1914 Gesichter, in denen bei Enfaceansicht die Nasen im Profil eingeschrieben sind, ebenso das Auge, um dadurch das Porträt genauer zu fixieren, und der Beschauer merkt es erst, wenn er darauf gestoßen wird, so sehr ist die Harmonie der Linien gewahrt. Solche Formen kann nur der Künstler wagen, der die Formen der Natur völlig beherrscht.“ 3 Die Szene
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