Georg Baselitz Deutschbaselitz/Oberlausitz 1938 Ohne Titel 1966 Tusche und Graphit auf Bütten-Karton. 41,5 x 27,5 cm. Unter Glas gerahmt. Monogrammiert und datiert 'G.B. 66'. - Mit Atelier- und leichten Altersspuren. Die vorliegende Arbeit ist im Archiv Georg Baselitz München, registriert. Provenienz Privatbesitz, Nordrhein-Westfalen Ausstellungen Hamburg 1988 (Kunsthalle), Florenz (Centro Mostre di Firenze, Sala d'Arme di Palazzo Vecchio) Georg Baselitz Bilder 1965-1987, Ausst.Kat., S.46 mit Abb. (dort betitelt "Rebell" und datiert 1965 sowie mit irrtümlichen Maßangaben) Literatur Reinhard Herz, Georg Baselitz und der Neue Typ, Die frühen Werke, Auf dem Weg zu einem neuen Menschenbild, Frankfurt am Main 2013. S.402 mit Abb.Nr.238 (dort mit irrtümlicher Datierung und Maßangaben) Galerie Neuendorf (Hg.), Georg Baselitz Zeichnungen 1961-1983, Hamburg 1983, Kat.Nr.13 mit Abb. (dort betitelt "Fahnenträger") Eine Figur im Kontext eines Schlachtfeldes, erstarrt in der Situation, verwundet, zerrissen von Gefühlen, ratlos und zerstört, aber überlebend, ein Held, der tapfer die Fahne als Letzter seines Regiments präsentiert, mit übermenschlicher Größe zwischen gefallenen Kameraden stehend und allen Gefahren ins Auge sehend. Georg Baselitz zielt mit dieser durch Krieg und Gewaltherrschaft schuldig gewordenen Heldenfigur auf eine in den 1960er Jahren tabuisierende Empfindung. Diese Tuschfederzeichnung suggeriert den Helden einer Vergangenheit als metaphorischen Fahnenträger in erster Reihe. Baselitz' Held ist müde und abgekämpft. Die abgesenkte, vertikal vor dem Körper abwehrend gehaltene Fahne ist frei von hoheitlicher Geste. Die sehr energiereiche, in Untersicht gezeichnete, den Oberkörper leicht nach hinten gewandte Figur erweckt ein Gefühl von Resignation und kalter, abwartender Entschlossenheit. Baselitz setzt seinen barfüssigen Helden breitbeinig nahezu in die Bildmitte, zeichnet ihn mit überlangen Beinen in zerrissener Hose, kurzem, mit Weste bekleideten Oberkörper und einem, für diese Werkgruppe typisch, eher kleinen Kopf. Mit den überwiegend 1965 und 1966 in Berlin und in der Villa Romana in Florenz entstehenden Gemälden, Zeichnungen und Radierungen, im Jahr 1973 in der Hamburger Galerie Neuendorf erstmals umfangreich ausgestellt und von Günter Gercken erstmalig als Neue Typen und Helden charakterisiert, erfindet der 1938 als Hans-Georg Kern im sächsischen Deutschbaselitz geborene und von dem Nachkriegs-Ost- und Westdeutschland geprägte Baselitz eine außergewöhnliche, sein zeitgenössisches Publikum bisweilen empörende Bildsprache, in der er einerseits einen politischen wie ideologischen Diskurs führt und andererseits sich gegen die von älteren Malerkollegen dogmatisch geführte Ablehnung eines darstellenden Realismus auflehnt. In Florenz, während seines Aufenthalts an der Villa Romana im Jahr 1965, beginnt Georg Baselitz sich für Druckgraphik des italienischen Manierismus zu interessieren und diese zu sammeln. Die Begegnung mit den Stichwerken Pontormos, Rossos, Parmigianos und Schiavones sowie weiteren italienischen Künstlern des 16. und frühen 17. Jh. hat Einfluss auf Baselitz' Werk genommen. Er entdeckt Parallelen zu Themen seiner aktuellen Bilderwelt, etwa dominierende Figuren mit einer auffallend körperlichen Präsenz. Mit der Zeichnung des Helden auf einem unbedruckt gebliebenen Papier aus dem 17. oder 18. Jh., vermutlich in einem der zahlreichen Florentiner Antiquariaten entdeckt, zeigt sich die Faszination des Künstlers für ein Genre, dem er für einen Moment ganz nahe kommt.
Georg Baselitz Deutschbaselitz/Oberlausitz 1938 Ohne Titel 1966 Tusche und Graphit auf Bütten-Karton. 41,5 x 27,5 cm. Unter Glas gerahmt. Monogrammiert und datiert 'G.B. 66'. - Mit Atelier- und leichten Altersspuren. Die vorliegende Arbeit ist im Archiv Georg Baselitz München, registriert. Provenienz Privatbesitz, Nordrhein-Westfalen Ausstellungen Hamburg 1988 (Kunsthalle), Florenz (Centro Mostre di Firenze, Sala d'Arme di Palazzo Vecchio) Georg Baselitz Bilder 1965-1987, Ausst.Kat., S.46 mit Abb. (dort betitelt "Rebell" und datiert 1965 sowie mit irrtümlichen Maßangaben) Literatur Reinhard Herz, Georg Baselitz und der Neue Typ, Die frühen Werke, Auf dem Weg zu einem neuen Menschenbild, Frankfurt am Main 2013. S.402 mit Abb.Nr.238 (dort mit irrtümlicher Datierung und Maßangaben) Galerie Neuendorf (Hg.), Georg Baselitz Zeichnungen 1961-1983, Hamburg 1983, Kat.Nr.13 mit Abb. (dort betitelt "Fahnenträger") Eine Figur im Kontext eines Schlachtfeldes, erstarrt in der Situation, verwundet, zerrissen von Gefühlen, ratlos und zerstört, aber überlebend, ein Held, der tapfer die Fahne als Letzter seines Regiments präsentiert, mit übermenschlicher Größe zwischen gefallenen Kameraden stehend und allen Gefahren ins Auge sehend. Georg Baselitz zielt mit dieser durch Krieg und Gewaltherrschaft schuldig gewordenen Heldenfigur auf eine in den 1960er Jahren tabuisierende Empfindung. Diese Tuschfederzeichnung suggeriert den Helden einer Vergangenheit als metaphorischen Fahnenträger in erster Reihe. Baselitz' Held ist müde und abgekämpft. Die abgesenkte, vertikal vor dem Körper abwehrend gehaltene Fahne ist frei von hoheitlicher Geste. Die sehr energiereiche, in Untersicht gezeichnete, den Oberkörper leicht nach hinten gewandte Figur erweckt ein Gefühl von Resignation und kalter, abwartender Entschlossenheit. Baselitz setzt seinen barfüssigen Helden breitbeinig nahezu in die Bildmitte, zeichnet ihn mit überlangen Beinen in zerrissener Hose, kurzem, mit Weste bekleideten Oberkörper und einem, für diese Werkgruppe typisch, eher kleinen Kopf. Mit den überwiegend 1965 und 1966 in Berlin und in der Villa Romana in Florenz entstehenden Gemälden, Zeichnungen und Radierungen, im Jahr 1973 in der Hamburger Galerie Neuendorf erstmals umfangreich ausgestellt und von Günter Gercken erstmalig als Neue Typen und Helden charakterisiert, erfindet der 1938 als Hans-Georg Kern im sächsischen Deutschbaselitz geborene und von dem Nachkriegs-Ost- und Westdeutschland geprägte Baselitz eine außergewöhnliche, sein zeitgenössisches Publikum bisweilen empörende Bildsprache, in der er einerseits einen politischen wie ideologischen Diskurs führt und andererseits sich gegen die von älteren Malerkollegen dogmatisch geführte Ablehnung eines darstellenden Realismus auflehnt. In Florenz, während seines Aufenthalts an der Villa Romana im Jahr 1965, beginnt Georg Baselitz sich für Druckgraphik des italienischen Manierismus zu interessieren und diese zu sammeln. Die Begegnung mit den Stichwerken Pontormos, Rossos, Parmigianos und Schiavones sowie weiteren italienischen Künstlern des 16. und frühen 17. Jh. hat Einfluss auf Baselitz' Werk genommen. Er entdeckt Parallelen zu Themen seiner aktuellen Bilderwelt, etwa dominierende Figuren mit einer auffallend körperlichen Präsenz. Mit der Zeichnung des Helden auf einem unbedruckt gebliebenen Papier aus dem 17. oder 18. Jh., vermutlich in einem der zahlreichen Florentiner Antiquariaten entdeckt, zeigt sich die Faszination des Künstlers für ein Genre, dem er für einen Moment ganz nahe kommt.
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