Gustav Klimt (Wien 1862 - 1918 Wien) Brustbild einer Dame im Dreiviertelprofil nach rechts, 1896-1898 schwarze Kreide, weiß gehöht; 46 × 33,5 cm Signiert rechts oben: Gustav / Klimt Provenienz österreichischer Privatbesitz Ausstellung 1968 Wien, Albertina, Gustav Klimt Egon Schiele Zum Gedächtnis ihres Todes vor 50 Jahren, Zeichnungen und Aquarelle, Nr. 18 (Abb.) Literatur Alice Strobl, Gustav Klimt Die Zeichnungen 1878-1903, Bd. I, Salzburg 1980, WV-Nr. 384, Abb. S. 125 (andere Maßangabe) Für Klimt als Maler und als Zeichner ist die Gründungszeit der Wiener Secession, zu deren erstem Präsidenten er 1897 ernannt wird, mit bahnbrechenden Innovationen verbunden. Als neues Genre ragen die zwischen 1896 und 1898 gezeichneten Brustbildnisse heraus, die er unabhängig von seinen Gemälden als autonome Arbeiten geschaffen hat und von denen er sogar zwei Beispiele im ersten Jahrgang (1898) der Secessionszeitschrift Ver Sacrum abbilden ließ. (Alice Strobl, Gustav Klimt Die Zeichnungen, Bd, I, Salzburg 1980, S. 123, Nr. 383-408; Bd. IV, Salzburg 1989, Nr. 3318-3324) Innerhalb dieser herausragenden Kategorie, die von einem melancholisch geprägten, modisch eleganten Frauentypus dominiert wird, nimmt die vorliegende Arbeit eine Sonderstellung ein. Mit ungewöhnlicher Schärfe registriert Klimt das leicht seitwärts gewandte Gesicht der Frau, die – weit entfernt vom oben beschriebenen Idealcharakter – den Betrachter mit kühlem Blick zu mustern scheint; möglicherweise ist er dabei von einem Porträtfoto ausgegangen. Um diesen unverrückbaren Kern herum entfaltet Klimt mit großer Leichtigkeit das ganze Spektrum seiner grafischen Möglichkeiten. Durch den flächenfüllenden Hintergrund von vertikalen, einander dicht überlagernden Parallelschraffuren schafft er – charakteristisch für diese symbolistische Phase seiner Zeichenkunst – eine schimmernde Atmosphäre, in der sich die Haarpartie der Dargestellten in fein nuancierten Übergängen zu verlieren scheint. Im unteren Bildfeld wiederum dominieren die extrem freien, durch weiße Akzente ergänzten Kreidelinien, mit denen Klimt die Oberflächenwirkungen des weit fallenden, den Rahmen sprengenden Capes zu vermitteln versucht. Besonders wirksam sind hier die tiefdunklen Stellen der teilweise hervorschauenden Unterschicht. Den raffinierten Übergang zwischen dem faltenreichen Stoff des Capes und der hellen Gesichtshaut markiert die flaumige Substanz des Pelzkragens. In dieser selbstbewusst signierten Arbeit weist die unverwechselbare Art, in der Klimt die Vielfalt an Strukturen und Hell-Dunkel-Werte gegeneinander ausspielt, in die Zukunft seiner Zeichenkunst. (Marian Bisanz-Prakken)
Gustav Klimt (Wien 1862 - 1918 Wien) Brustbild einer Dame im Dreiviertelprofil nach rechts, 1896-1898 schwarze Kreide, weiß gehöht; 46 × 33,5 cm Signiert rechts oben: Gustav / Klimt Provenienz österreichischer Privatbesitz Ausstellung 1968 Wien, Albertina, Gustav Klimt Egon Schiele Zum Gedächtnis ihres Todes vor 50 Jahren, Zeichnungen und Aquarelle, Nr. 18 (Abb.) Literatur Alice Strobl, Gustav Klimt Die Zeichnungen 1878-1903, Bd. I, Salzburg 1980, WV-Nr. 384, Abb. S. 125 (andere Maßangabe) Für Klimt als Maler und als Zeichner ist die Gründungszeit der Wiener Secession, zu deren erstem Präsidenten er 1897 ernannt wird, mit bahnbrechenden Innovationen verbunden. Als neues Genre ragen die zwischen 1896 und 1898 gezeichneten Brustbildnisse heraus, die er unabhängig von seinen Gemälden als autonome Arbeiten geschaffen hat und von denen er sogar zwei Beispiele im ersten Jahrgang (1898) der Secessionszeitschrift Ver Sacrum abbilden ließ. (Alice Strobl, Gustav Klimt Die Zeichnungen, Bd, I, Salzburg 1980, S. 123, Nr. 383-408; Bd. IV, Salzburg 1989, Nr. 3318-3324) Innerhalb dieser herausragenden Kategorie, die von einem melancholisch geprägten, modisch eleganten Frauentypus dominiert wird, nimmt die vorliegende Arbeit eine Sonderstellung ein. Mit ungewöhnlicher Schärfe registriert Klimt das leicht seitwärts gewandte Gesicht der Frau, die – weit entfernt vom oben beschriebenen Idealcharakter – den Betrachter mit kühlem Blick zu mustern scheint; möglicherweise ist er dabei von einem Porträtfoto ausgegangen. Um diesen unverrückbaren Kern herum entfaltet Klimt mit großer Leichtigkeit das ganze Spektrum seiner grafischen Möglichkeiten. Durch den flächenfüllenden Hintergrund von vertikalen, einander dicht überlagernden Parallelschraffuren schafft er – charakteristisch für diese symbolistische Phase seiner Zeichenkunst – eine schimmernde Atmosphäre, in der sich die Haarpartie der Dargestellten in fein nuancierten Übergängen zu verlieren scheint. Im unteren Bildfeld wiederum dominieren die extrem freien, durch weiße Akzente ergänzten Kreidelinien, mit denen Klimt die Oberflächenwirkungen des weit fallenden, den Rahmen sprengenden Capes zu vermitteln versucht. Besonders wirksam sind hier die tiefdunklen Stellen der teilweise hervorschauenden Unterschicht. Den raffinierten Übergang zwischen dem faltenreichen Stoff des Capes und der hellen Gesichtshaut markiert die flaumige Substanz des Pelzkragens. In dieser selbstbewusst signierten Arbeit weist die unverwechselbare Art, in der Klimt die Vielfalt an Strukturen und Hell-Dunkel-Werte gegeneinander ausspielt, in die Zukunft seiner Zeichenkunst. (Marian Bisanz-Prakken)
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