HODLER, FERDINAND
Bern 1853 - 1918 Genève
Der Traum.
Öl auf Leinwand,
sig. u. dat. 1897/8 u.r., verso betitelt,
98,5x67,5 cm
Verso Etikett: Gustav Knauer, Kunst-Abteilung, Berlin, Nr. 3576.
Provenienz: Privatsammlung, Schweiz (seit den 1950er Jahren).
Das angebotene und der Forschung bis anhin nicht bekannte Gemälde ist beim Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft als eigenhändige Arbeit von Ferdinand Hodler registriert (Archiv-Nr. 81'805). Es ist ausserdem in das Oeuvreverzeichnis aufgenommen worden, das von SIK-ISEA online gestellt und laufend erweitert wird.
Das Gemälde wurde durch das Art Loss geprüft (Zertifikat vom 20. August 2018 wird beigegeben).
Ende 1896 beschloss der Vorstand der Zürcher Kunstgesellschaft, Hodler mit einem Plakat für die ständige Ausstellung im Künstlerhaus (heute Kunsthaus Zürich) zu beauftragen. Ein Entwurf zeigt ein kniendes Mädchen mit Blumen, darunter das Schriftfeld mit dem Wortlaut: "Zürcher Kunstgesellschaft / Ständige Ausstellung / Moderner Kunstwerke / Künstlerhaus Thalgasse 5 Zürich I". In einer weiteren Studie auf Papier ersetzte Hodler den Text durch einen auf dem Rücken liegenden nackten Jüngling. Dieser Entwurf bildete die Vorlage für die Darstellung auf Leinwand, der Hodler auf der Bildrückseite den Titel "Der Traum" gab. Es scheint, dass der Künstler das Gemälde vorderseitig zunächst ins Jahr 1897 datierte und die letzte Ziffer später korrigierte. Die nachträgliche Datierung 1898 mag damit zusammenhängen, dass Hodler sich im gleichen Jahr mit Berthe Jacques, die ihm für die Plakatentwürfe Modell gestanden hatte, vermählte. Der Druck des Plakates kam nicht zustande, da der Künstler nach Ablieferung von zwei weiteren Entwürfen nicht auf die Änderungswünsche der Kunstgesellschaft reagiert hatte. Sowohl die Plakatentwürfe, die mit "Die Malerei" und "Die Poesie / Die Kunst" bezeichnet werden, als auch "Der Traum" lassen Hodlers Vorstellung von der Beziehung zwischen Kunst und Natur erkennen. Beide vermitteln einen Eindruck von Schönheit. Über die Begriffe Schönheit und Wahrnehmung sprach Hodler in seinem Vortrag "La mission de l'artiste", den er am 12. März 1897 vor der Gesellschaft der Kunstfreunde Freiburgs hielt, zur gleichen Zeit also, als er mit dem Auftrag für die Zürcher Kunstgesellschaft beschäftigt war. Darin äusserte er sich zur Aufgabe des Künstlers, die seiner Meinung nach darin bestehe, der wesentlichen Schönheit Ausdruck zu verleihen. Um diesen Eindruck zu erreichen, nutzte er Stilmittel wie die Linie, die Bewegung und die Wiederholung. Hodler hat im Bild "Der Traum" seine Auffassung von Kunst, Natur und Schönheit als Vision umgesetzt: Dem Künstler in der Rolle des schlafenden Jünglings erscheint das ästhetische Vorbild in Gestalt einer weiblichen Figur, die in sich gekehrt und andächtig in die innere Kontemplation einer Blume vertieft ist. Die ondulierenden Haarsträhnen und der abstrahiert florale Hintergrund erzeugen eine ornamentale Wirkung, deren Form- und Farbwiederholungen Hodlers parallelistisches Prinzip veranschaulichen. Diese dekorative Anordnung bringt die Einheit von Mensch und Natur harmonisch zur Geltung. Cuno Amiets Überlegungen zur Naturschönheit, die er Giovanni Giacometti in einem Brief vom 23. Dezember 1893 mitteilte, erscheint wie eine Vorwegnahme von Hodlers symbolistischer Komposition: "Die Natur vermittelt Dir immer einen intensiven Eindruck ihrer grossen und geheimnisvollen Schönheit (...). Dieser Eindruck muss von bestimmten Beziehungen zwischen verschiedenen Farben hervorgerufen worden sein, die eine Harmonie entstehen lassen, die Dich zum Träumen anregt. Wenn dieser Eindruck stark genug ist, wird er von Deinem Geist Besitz ergreifen, von Deiner Seele."
Wir danken Dr. Monika Brunner, SIK, Zürich, für ihren Katalogbeitrag.
HODLER, FERDINAND
Bern 1853 - 1918 Genève
Der Traum.
Öl auf Leinwand,
sig. u. dat. 1897/8 u.r., verso betitelt,
98,5x67,5 cm
Verso Etikett: Gustav Knauer, Kunst-Abteilung, Berlin, Nr. 3576.
Provenienz: Privatsammlung, Schweiz (seit den 1950er Jahren).
Das angebotene und der Forschung bis anhin nicht bekannte Gemälde ist beim Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft als eigenhändige Arbeit von Ferdinand Hodler registriert (Archiv-Nr. 81'805). Es ist ausserdem in das Oeuvreverzeichnis aufgenommen worden, das von SIK-ISEA online gestellt und laufend erweitert wird.
Das Gemälde wurde durch das Art Loss geprüft (Zertifikat vom 20. August 2018 wird beigegeben).
Ende 1896 beschloss der Vorstand der Zürcher Kunstgesellschaft, Hodler mit einem Plakat für die ständige Ausstellung im Künstlerhaus (heute Kunsthaus Zürich) zu beauftragen. Ein Entwurf zeigt ein kniendes Mädchen mit Blumen, darunter das Schriftfeld mit dem Wortlaut: "Zürcher Kunstgesellschaft / Ständige Ausstellung / Moderner Kunstwerke / Künstlerhaus Thalgasse 5 Zürich I". In einer weiteren Studie auf Papier ersetzte Hodler den Text durch einen auf dem Rücken liegenden nackten Jüngling. Dieser Entwurf bildete die Vorlage für die Darstellung auf Leinwand, der Hodler auf der Bildrückseite den Titel "Der Traum" gab. Es scheint, dass der Künstler das Gemälde vorderseitig zunächst ins Jahr 1897 datierte und die letzte Ziffer später korrigierte. Die nachträgliche Datierung 1898 mag damit zusammenhängen, dass Hodler sich im gleichen Jahr mit Berthe Jacques, die ihm für die Plakatentwürfe Modell gestanden hatte, vermählte. Der Druck des Plakates kam nicht zustande, da der Künstler nach Ablieferung von zwei weiteren Entwürfen nicht auf die Änderungswünsche der Kunstgesellschaft reagiert hatte. Sowohl die Plakatentwürfe, die mit "Die Malerei" und "Die Poesie / Die Kunst" bezeichnet werden, als auch "Der Traum" lassen Hodlers Vorstellung von der Beziehung zwischen Kunst und Natur erkennen. Beide vermitteln einen Eindruck von Schönheit. Über die Begriffe Schönheit und Wahrnehmung sprach Hodler in seinem Vortrag "La mission de l'artiste", den er am 12. März 1897 vor der Gesellschaft der Kunstfreunde Freiburgs hielt, zur gleichen Zeit also, als er mit dem Auftrag für die Zürcher Kunstgesellschaft beschäftigt war. Darin äusserte er sich zur Aufgabe des Künstlers, die seiner Meinung nach darin bestehe, der wesentlichen Schönheit Ausdruck zu verleihen. Um diesen Eindruck zu erreichen, nutzte er Stilmittel wie die Linie, die Bewegung und die Wiederholung. Hodler hat im Bild "Der Traum" seine Auffassung von Kunst, Natur und Schönheit als Vision umgesetzt: Dem Künstler in der Rolle des schlafenden Jünglings erscheint das ästhetische Vorbild in Gestalt einer weiblichen Figur, die in sich gekehrt und andächtig in die innere Kontemplation einer Blume vertieft ist. Die ondulierenden Haarsträhnen und der abstrahiert florale Hintergrund erzeugen eine ornamentale Wirkung, deren Form- und Farbwiederholungen Hodlers parallelistisches Prinzip veranschaulichen. Diese dekorative Anordnung bringt die Einheit von Mensch und Natur harmonisch zur Geltung. Cuno Amiets Überlegungen zur Naturschönheit, die er Giovanni Giacometti in einem Brief vom 23. Dezember 1893 mitteilte, erscheint wie eine Vorwegnahme von Hodlers symbolistischer Komposition: "Die Natur vermittelt Dir immer einen intensiven Eindruck ihrer grossen und geheimnisvollen Schönheit (...). Dieser Eindruck muss von bestimmten Beziehungen zwischen verschiedenen Farben hervorgerufen worden sein, die eine Harmonie entstehen lassen, die Dich zum Träumen anregt. Wenn dieser Eindruck stark genug ist, wird er von Deinem Geist Besitz ergreifen, von Deiner Seele."
Wir danken Dr. Monika Brunner, SIK, Zürich, für ihren Katalogbeitrag.
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